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Wenn die Familie doch noch nicht vollständig ist

Kennt ihr das auch, alles fühlt sich gut, rund und passend an? Ja, hin und wieder erlebe ich das auch und dann kommt da dieses komische Gefühl aus irgendeiner tiefgelegenen Ecke, das dir zuflüstert, dass da noch was ist, noch was wartet. Du schiebst das Gefühl beiseite, denn es ist doch wirklich alles gut so wie es ist. Außerdem ist das bestimmt nur die tickende Uhr, die mal wieder der Meinung ist, dass die Zeit abläuft. Man bringt sie immer wieder zum Schweigen, denn eigentlich ist alles schön so wie es ist.
Aber irgendwann wird das Flüstern so laut, dass man es nicht mehr ignorieren kann und man hört mal genauer hin und macht sich Gedanken, wer denn da plötzlich so laut schreit, um sich bemerkbar zu machen.
Viele Gespräche und auch Gebete später wissen wir, dass noch jemand zu uns möchte. Und einer mehr? Das werden wir auch noch schaffen. Allerdings kommen trotzdem auch wieder Zweifel. Alles wieder neu anschaffen, gewonnene Freiheiten wieder opfern - will ich das wirklich? Und was ist mit meinem Masterstudium - erst zu Ende bringen? Oder die Schwangerschaft so einplanen, dass das Baby das Studium ablöst? 
Und umso mehr Gedanken man sich macht, kommt man wieder zu dem Schluss, dass doch alles ganz gut so ist, wie es ist. 
Vier Kinder sind doch toll und eigentlich auch genug. Das ist immerhin schon doppelt so viel,  wie die meisten anderen haben....
Allerdings gibt es da noch so einen kleinen Jungen, der unbedingt großer Bruder werden will, schon von kleinan.  Mit anderthalb unternimmt er den ersten Entführungsversuch eines Säuglings beim Kinderarzt. Die Mutter des Neugeborenen muss regelrecht um ihr Kind kämpfen, während wir versuchen unser Nesthäkchen vom MaxiCosi loszumachen...
Immer wieder möchte unser jüngster ein Baby vom Krankenhaus abholen und springt regelrecht in fremde Kinderwagen.
Als ich ihm erkläre, dass man ein Baby nicht einfach von irgendwo herholen kann, sondern dass sich eine Familie dazu entscheiden muss und dass das Baby dann 9 Monate in Mamas Bauch wachsen muss, bis es da ist,  ist er auch damit einverstanden. "Ja, das will ich!"
Wenn es denn so einfach wäre.... Da dieses Kind einfach nicht aufgibt und sich das Geschwisterchen dann auch noch zum Geburtstag wünscht und sonst nichts anderes, können wir uns endlich dazu durchringen.

Im Mai 2014 wird die Spirale gezogen und Anfang Juli folgen die berüchtigten zwei Streifen.
Am 15.7 ist der erste Arzttermin.
Die Schwangerschaft wird bestätigt. Der errechnete Termin ist der 9.3.2015. Dann wird auch mein letztes Semester samt Masterarbeit hoffentlich abgeschlossen sein.
Am nächsten Morgen bekommt Nr. 4 zum Geburtstag ein besonderes Geschenk. Zuerst entdeckt er es zwischen den anderen Geschenken gar nicht und dann sieht er das Ultraschallbild und überlegt sich, was das bedeuten könnte, während seine Geschwister hinter ihm schon Luftsprünge machen. Da er ahnungslos bleibt, fragen seine Geschwister ihn, was er sich denn am meisten gewünscht hat. Da laufen ihm Tränen über die Wangen, so sehr freut er sich. Nun will er alles ganz genau wissen. Immer wieder betont er, dass es das allerbeste Geschenk auf der ganzen Welt sei.
Ich genieße die Schwangerschaft trotz des Studiums. Allerdings macht mir mein Rücken sehr zu schaffen. So lange es ging, habe ich Rehasport gemacht. Zum Glück wird mir Wassergymnastik zugestanden.
Nr. 4 spricht regelmäßig mit seinem "Geschenk" und erfindet mit seinen 4 Jahren die tollsten Geschichten. Unbeschreiblich ist das Gefühl, als Nr. 5 von innen fröhlich klopft und sich bei seinem Bruder "bedankt".

Der Bauch wächst zusehends und meine Masterarbeit schreitet voran. Ich glaube, ich hatte noch nie so viel PräsenzUni....
Im November kommt der Einbruch. Ich muss mein Hauptthema komplett ändern und meine Hauptsorge: ich habe einen unverlegbaren Termin - die Geburt meines 5. Kindes. Ich bin ganz kurz davor alles hinzuwerfen. Immerhin haben wir November und Anfang März ist der eET. Ich habe mich ein halbes Jahr in mein Thema eingelesen und mir eine meinem Studiengang "fremde" Methodik erarbeitet um mich nun in eine völlig neue Thematik einzuarbeiten. Aufgrund von viel Zuspruch und emotionaler Unterstützung gehe ich es dennoch an. Ich bin schon viel zu weit vorangekommen, um jetzt aufzugeben.
Anfang Januar startet mein Geburtsvorbereitungskurs, den ich gerade in dieser Schwangerschaft ganz besonders brauche um mich und den kleinen Floh auf die Geburt vorzubereiten. Eins ist für mich klar, ich möchte vor Termin einleiten lassen. Denn ich möchte erstens nicht noch mal unter so starken Depressionen leiden wie bei Nr. 4 und zweitens keine Sturzgeburt Zuhause, im Auto oder auf dem Krankenhausflur.
Der Chefarzt unterstützt mich voll und ganz und stärkt mir den Rücken. Das gibt mir Kraft!
Am 12.2 schicke ich meine Masterarbeit ab. Und obwohl ich hochschwanger bin und noch 4 weitere Kinder zu versorgen habe, fühle ich mich nicht ansatzweise ausgelastet. Unglaublich wie sehr das Studium mich belastet hatte. Gefühlt wiege ich eine ganze Tonne weniger, obwohl ich wie eine aussehe.
Am 3.3 schreibe ich im Bett noch mit einigen Freunden, die wissen wollen ob es schon erste Anzeichen gibt, was ich verneine. Am 5.3 ist der Termin zur Einleitung. Es geht mir super, aber ich bin auch froh wenn es bald geschafft ist. Gegen 23 Uhr schalte ich das Licht aus und drehe mich auf die Seite. Ich stehe wieder auf, weil ich aufs Klo muss. Das ganze wiederholt sich 3 mal. Gefühlt ist mein Darm nun leer. Als ich mich wieder hinlege, bemerke ich Wehen. Also spreche ich mit meinem Mann, der noch fernsieht. Der ist total entspannt und meint, ich solle mich ruhig hinlegen und mich etwas ausruhen, weil ich auch ziemlich müde bin. Ich lege mich wieder hin und werde völlig unruhig. Meine Atmung beschleunigt sich und ich stehe wieder auf. Mein Mann beruhigt mich erneut. Wieder lege ich mich hin und versuche ganz ruhig zu atmen. Die Wehen nehmen zu und ich spüre deutlich, dass es losgeht. Ich stehe wieder auf und sage meinem Mann, dass wir zum Krankenhaus müssen. Wir geben unserem Babysitter Bescheid, rufen in der Klinik an und fahren los. Im Kreißsaal angekommen, muss ich die Wehen bereits veratmen. Ich frage nach Lachgas, dass seit August 2018 wieder im Kreißsaal angeboten wird.
Wir gehen in den Kreißsaal. Das Lachgas hilft mir, besonders weil ich dadurch konzentriert atmen muss. Das wirkt sehr beruhigend. Während der Wehen klammere mich an die Stange, des Kreißbettes. Ja dieses Mal bin ich direkt brav ins Bett gegangen. Denn es ist nachts, ich bin erschöpft von dem langen Tag und hier kann ich sitzen und mit der Stange am Bett arbeiten.
Als ich mich seitlich festklammere, schimpft mein Mann mit mir, dass ich wieder weiter in die Mitte kommen soll, weil er Angst hat, dass ich runterfalle. Aber ich will nicht. Ich falle auch nicht runter. Die Stange gibt mir Sicherheit. Während der Schmerzen denke ich an Jesus und das, was er im Sühnopfer gelitten hat. Durch meine eigenen Schmerzen fühle ich mich Christus so viel näher. Ich spüre die Liebe meines himmlischen Vaters. Geburten sind für mich ein ganz besonderer Akt der Schöpfung - Schöpfung an der ich teilhabe.

Es sind noch 2 weitere Frauen im Geburtsprozess. Allerdings noch nicht so weit fortgeschritten wie ich. Die Hebamme bleibt nun und auch die Ärztin erscheint. Das Lachgas wird mir genommen, denn nun muss ich arbeiten. Ich darf pressen. Wieder habe ich das Gefühl innerlich zu zerreißen. Ich will lieber doch nicht mehr pressen. Ich fühle mich unglaublich müde. Ich habe das Gefühl, das alles dieses Mal nicht schaffen zu können. Trotzdem mache ich Witze und lache. Die Hebamme spricht mir gut zu, dass ich mich entspannen und tief ein- und ausatmen soll. Dann soll ich pressen. Das Köpfchen ist schon zu sehen. Mein Mann unterstützt mich beim Pressen und ich denke an das, was hier gerade wunderbares passiert. Ich spüre, wie ich einreiße, während das Köpfchen geboren wird. Ich brauche wieder eine kurze Verschnaufpause. Kraft sammeln. Mit der nächsten Wehe presse ich erneut.
Die Hebamme legt mir direkt meinen Sohn auf die Brust und ich verliebe mich in ein kleines Monster. Im Ernst, eigentlich sieht so ein Neugeborenes total schrecklich aus. Erstaunlich was die Hormone so bewirken können. Für mich ist mein Baby das schönste überhaupt und so unglaublich viele Haare!
01.37 Uhr und ich könnte stolzer nicht sein. Wieder ein Papa-Mini. Auch das Anlegen klappt, als wäre es nie anders gewesen. Da es eh mitten in der Nacht ist, bleibt mein Mann bei mir. Wir genießen die Zeit mit unserem Sohn. Als ich auf Station ankomme, fährt mein Mann nach Hause. Ich schlafe fast direkt ein auch der kleine Mann schläft. Verliebt starre ich ihn an, bis mir die Augen zufallen.
Am selben Tag (gefühlt ist es bereits der nächste) nach der Schule, bekommen wir Besuch.
Als mein Mann mit den zwei kleineren zum Spielzimmer geht, bekomme ich von den zwei großen eine Ansage: "Mama, du musst dich jetzt beeilen! Du bist ja nicht mehr die Jüngste und wir wollen noch 2 - 3 Geschwister!"
Ich lache nur. Freue mich aber dennoch über diesen Anflug von Geschwisterliebe.
Am selben Abend habe ich bereits den Milcheinschuss. Alle zwei Stunden anlegen, wirkt bei mir bestens. 
Ich genieße die Ruhe im Krankenhaus und vor allem das liebste Baby auf der Welt. 
Am Samstag gibt es ein kleines Familienshooting im Krankenhaus mit 4 verliebten Geschwistern,
 wovon eins ganz besonders stolz auf sein "Geschenk" ist. 
Dann geht es nach Hause in den Alltag. Wo wir das pflegeleichteste Kind der Welt genießen, bis jetzt hat sich das nicht wirklich geändert.  
Heute wird er schon 3.
(4.3.2018)


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